Eine Chronik von Monika Weiland
Ergänzt von Nadine, Katherina, Christa, Simone und Isabell
Am Montag, den 26.06.1995, in einem Garten in der Johann-Sewerin-Straße, beschlossen acht Frauen, einen Verein zu gründen. Dieser Verein sollte sich ausschließlich um betroffene Frauen mit sexualisierten Gewalterfahrungen kümmern. Denn bis dato fehlte genauso ein Angebot in Gütersloh und Umgebung. So legten Monika, Anke, Christa, Gudrun, Ute, Daniela, Katherina und Angelika erfolgreich den Grundstein für Trotz Allem e. V.
Trotz Allem e. V.: Ein Name und seine Bedeutung
Zuallererst ging es um die Namensfindung. Schnell einigten wir uns auf den Namen „Trotz Allem“.
Damals setzten wir uns intensiv mit dem Buch „Trotz Allem“ von Ellen Bass und Laura Davis aus dem Orlanda Verlag auseinander. Das Buch zeigt Wege zur Selbstheilung für sexuell missbrauchte Frauen und gehört auch heute noch zu unseren Buchempfehlungen.
Auch das Wortspiel als Satzbeginn „Trotz allem kann ich wieder lachen….“ gefiel uns gut. So fragten wir im Orlanda Verlag, ob wir den Namen für unseren neuen Verein nutzen dürften. Glücklicherweise waren die Verlagsfrauen begeistert von der Idee und erlaubten uns, diesen Namen für unseren Verein zu verwenden. So ließen wir am 17. August 1995 den Namen „Trotz Allem“ ins Vereinsregister eintragen.
Eine für alle – alle für eine: Gleichberechtigung im Verein
Damals betrauten wir den Notar Mikesch mit der Eintragung des Vereins und er blieb bis zu seiner Pensionierung unser Ansprechpartner. Christa, Monika und Angelika übernahmen den Vorstand – proforma. Uns war es wichtig, dass wir alle gleichberechtigt wären. Aus diesem Grund entschieden wir, dass jede Frau, die sich im Verein einbrachte, die gleiche Vergütung bekam. Beraterinnen, Putz- oder Bürofrauen waren gleichgestellt und erhielten eine Aufwandsentschädigung von 10 DM pro Stunde.
Uns war es wichtig, autonom zu sein und zu bleiben. Das sollte sich in der Zukunft jedoch als harter Weg herausstellen.
Raum für Gespräche: Die Beratungsstelle
Wir wollten Frauen eine diskrete Anlaufstelle bieten. Die passenden Räumlichkeiten für unsere Beratungen und Treffen fanden wir in der Weberei. Dort teilten wir uns den „Frauenraum“ mit der AntiFa Gruppe. Soweit ich mich erinnern kann, war der Raum kostenlos, nur für die Nebenkosten mussten wir einen Obulus bezahlen. Außerdem mussten wir einen Telefonanschluss legen lassen, um auch telefonisch – und damit anonymer – erreichbar zu sein. Alles war behelfsmäßig, aber wir hatten unser Ziel im Auge und legten los.
Drei Selbsthilfegruppen trafen sich regelmäßig in den Räumen. Erste Beratungen fanden statt. Anke und Monika bemerkten jedoch, dass den Frauen aufgrund ihrer Erfahrungen das schmale und etwas düstere Treppenhaus Probleme bereitete. Somit holten wir die Frauen meistens unten am Eingang ab und begleiteten sie nach oben.
Mit der Zeit nahm auch die Büroarbeit zu. Bei den Vereinssitzungen geschah es öfter, dass die Vereinsfrauen jede 10 oder 20 DM auf den Tisch legen mussten, damit Anke und Monika das Nötigste an Büromaterial kaufen konnten. Anke stellte ihre elektrische Schreibmaschine zur Verfügung, die uns immer gute Dienste leistete. Die Auflösung einer Firma aus Sürenheide hielt für uns ein besonderes Geschenk bereit: Die Sekretärin erinnerte sich an einen Presseartikel über den Verein und nahm Kontakt zu uns auf. Zwei Schreibtische und Schreibtischstühle, jede Menge Büromaterial, Geschirr, ein Staubsauger und Grünpflanzen wurden uns gespendet. Jetzt sah das Ganze schon eher nach einer Beratungsstelle aus.
Trotz allem gestaltete sich die Teilung des Raumes mit der AntiFa schwierig. Es gab unterschiedliche Auffassungen von Sauberkeit und Ordnung. Eigentlich banal, aber das Verhältnis litt unter den Unstimmigkeiten. Wir bemühten uns bei der Stadt um andere Räumlichkeiten und wurden dabei von der Gleichstellungsbeauftragten Inge Trame maßgeblich unterstützt. Das Warten schien endlos, doch dann erhielten wir endlich eine Zusage. Am 1. April 1996 zogen wir in die Daltropstraße 7. Dort teilten wir uns die Räumlichkeiten mit dem neuen Mütter-Zentrum „Mama Mia“, durften aber zwei Räume und eine Toilette unser eigen nennen.
Zeitgleich stellte der Verein für Anke und Monika einen Antrag auf zwei ABM-Stellen und bekam diese im September 1995 mit 92%iger Förderung bewilligt. So hatten wir vom 15. November 1995 bis zum 15. November 1996 gleich zwei Frauen, die mit jeweils 35 Wochenstunden für den Verein arbeiteten.
Finanzielle Engpässe
Unser Verein hatte immer wieder mit finanziellen Engpässen zu kämpfen. Im Protokoll vom 16. September 1996 wird die finanzielle Misere überdeutlich. Die Sparkasse forderte damals den Verein auf, das Konto auszugleichen. Wir befanden uns mit 7.800 DM im Minus. Privat liehen Frauen dem Verein das Geld. Der Vorstand haftete mit seinem Privatvermögen.
Das waren harte Zeiten. Aber wir gaben nicht auf!
Nichts konnte uns davon abbringen, weiter zu machen. Schließlich hatten wir durch die ABM-Stellen ein Fundament – und einen gesellschaftlichen Auftrag!
Monika und Anke nahmen regelmäßig an Sozialraumarbeitskreisen und dem Vernetzungsarbeitskreis gegen sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen teil. Öffentlichkeitsarbeit wurde ganz groß geschrieben. Wir verschickten Spendenbriefe und kontaktierten Stiftungen. Alle uns bietenden und nicht bietenden Möglichkeiten schöpften wir aus, um auch finanziell auf soliden Beinen stehen zu können.
Schaut hin! – Die Idee unserer Ausstellung
Parallel dazu besuchten die Vereinsfrauen verschiedene Ausstellungen zur Thematik und stellten fest, dass diese aus unserer Sicht nicht „weit genug“ gingen. Wir wollten eine hammerharte, wirklich berührende Ausstellung erarbeiten. Eine Ausstellung von betroffenen Frauen gestaltet. Es entwickelte sich das Konzept, die Ausstellung wie eine Wohnung zu gestalten. Es gab ein Bad, einen Flur sowie ein Schlaf-, Wohn- und Kinderzimmer. Über bedruckte helle und dunkle „Pflastersteine“ gelangte man in die einzelnen Räume. Auf jedem Pflasterstein stand ein Gefühl. Sie wurden von dunkel bis hell angeordnet und stellten den Weg aus einem Trauma dar. Mit kleinen Utensilien und gemalten Kulissen wurde die Wohnung dargestellt. In der ganzen Ausstellung hingen Bilder und Texte betroffener Frauen aus dem Kreis Gütersloh. Wir bekamen so viele Arbeiten, dass wir auswählen mussten, welche wir in die Ausstellung übernehmen. Inzwischen trafen sich sechs Selbsthilfegruppen in den Vereinsräumen und es waren 20 Vereinsfrauen. Da die Ausstellung bis heute immer weiterentwickelt wurde, hat sich auch einiges verändert.
Veranstaltungen rund um das Thema
Zur ersten Ausstellungseröffnung am 11. November 1996 in der Gütersloher Stadtbibliothek gab es z. B. noch einen Fühlkasten und einen Fühlvorhang. Wir konzipierten die Ausstellung als Wanderausstellung. Im Laufe der Jahre wurde sie in vielen Städten gezeigt, darunter Steinhagen, Enger, Halle (Westf.), Espelkamp, Stendal, Coesfeld und Detmold. Zuletzt 2012 in der Martin Luther Kirche in Gütersloh.
Im Rahmen der ersten Ausstellung gab es mehrere Programmpunkte in Kooperation mit der Gleichstellungsstelle und der Stadtbibliothek.
Am 20. November 1996 organisierte der Verein erstmals einen Workshop für betroffene Frauen mit dem Thema „Umgang mit der Dynamik des inneren Kindes nach sexuellem Missbrauch“. Judith Rothen aus Rotterdam leitete den Workshop im Jugend-Gästehaus in Gütersloh. In der Weberei wurde am 16. November 1996 das Theaterstück „Schreib mich in den Sand“ gezeigt und am 18. November 1996 gab es eine Lesung in der Stadtbibliothek aus dem Buch „Gute Nacht Zuckerpüppchen“ mit Heidi Hassenmüller.
Auch aufgrund ihrer festen Stellen bildeten sich Anke und Monika weiter. Die Auswahl war damals nicht so groß, deshalb nahmen sie an einer Weiterbildung für Frauen, die in Beratungsstellen zum Thema sexualisierter Gewalt arbeiteten, teil. Diese wurden von einer niederländischen Therapeutin geleitet, zu der der Verein weiterhin jahrelang einen guten Kontakt pflegte. Beide Vereinsfrauen wurden darin bestärkt, ihre Beratungen weiter so zu führen, wie sie sie begonnen hatten.
Durch den Erfolg des ersten angebotenen Workshops ermutigt, boten die Vereinsfrauen am 1. und 2. Oktober 1997 einen zweitägigen Workshop mit Judith Rothen. „Begegnung und Kontakt zu unserem inneren Kind“ lautete der Titel des Workshops, der auch Multiplikatoren angeboten wurde. Auch der Nächste am 13. und 14. Januar 2000 im Landhaus Möhler in Herzebrock-Clarholz wurde gut angenommen. Dieser war ausschließlich an Multiplikatoren gerichtet unter dem Thema „Traumatisierung von Frauen durch sexualisierte Gewalt“.
Finanzen, Finanzen, Finanzen
Immer wieder waren die Zahlen Thema im Verein. Im Januar ´97 erhielten wir daher eine gute Nachricht: Der Kreis würde künftig einen Sach- und Betriebskostenzuschuss in Höhe von 13.200 DM im Jahr zahlen. In diesem Jahr sah es daher finanziell richtig gut aus. Wir entspannten uns. Immer auf der Suche nach Öffentlichkeit und Spendern, veranstaltete der Verein im September 1997 und im April 2001 einen Flohmarkt in der Daltropstraße.
Am 30. März 1998 veranstaltete der Verein einen Benefiztag im kleinen Saal der Stadthalle. Ein Jahr hatten die Vorbereitungen dafür in Anspruch genommen. Attraktion war ein Auftritt von Pe Werner mit ihrem Solo Programm, die auf ihre Gage verzichtete. Im Rahmenprogramm gab es eine Versteigerung und zum Abschluss DJane Birthe aus Münster. Es war ein toller Tag, aber die Einnahmen standen in keinem Verhältnis zum Aufwand.
Monika spezialisierte sich zum Thema Prävention und wurde dazu in Kindergärten, Grundschulen, Schulklassen (16 Jährige) und Fort – und Weiterbildungsklassen der Alten- oder Suchtkrankenpflege eingeladen. Auch ging sie in Kooperation mit der Pro Familia und der evangelischen Familienberatungsstelle (heute Diakonie) zu verschiedenen Elternabenden. Leider mussten wir diesen wichtigen Teil unserer Arbeit aus Zeitmangel einstellen.
In dieser Zeit bewarben sich unsere beiden Hauptamtlichen um einen Projektzuschuss in Detmold. Dieser wurde gewährt und der Verein erhielt 10.000 DM für die Ausstattung des Beratungsraumes und des Büros. Das Inventar des Vereins war somit auf einem recht guten Niveau, aber für die Personalkosten war wieder kein Geld da.
Die Jahre rennen dahin: 2000-2002
Im März 2000 ging der erste Internetauftritt unter www.trotzallem.de online! Im selben Jahr, am 18. August, feierten wir im Parkbad unser 5 jähriges Bestehen mit einer Party! Auf Anfrage von der BIGS wurde unsere Ausstellung vom 03. bis 18. Mai 2002 wieder einmal in der Stadtbibliothek in Gütersloh gezeigt. Auch diesmal gelang es uns, ein gutes Rahmenprogramm zu organisieren. Es wurde der Film „Höllenleben“ gezeigt. Anschließend fand eine Diskussion mit der Filmemacherein Frau Wisker-Strauch und der betroffenen Frau aus dem Film statt. Außerdem gab es eine Autorinnenlesung aus dem Buch „Hanna und die Anderen“.
Im November 2002 erhielten wir vom Kreis Gütersloh telefonisch eine Nachricht, dass der Betriebskostenzuschuss für den Verein im nächsten Jahr eingestellt werden müsse. Der Grund: Sparmaßnahmen beim Kreis selbst. Wieder hängt die Existenz des Vereins an einem seidenen Faden.
Wieder umziehen: Neue Beratungsräume in der Schulstraße
Einige Zeit später kündigte uns die Stadt Gütersloh an, die Räume selbst nutzen zu wollen. Die Stadt sei bemüht uns neue Räume zu suchen, wann das alles zum Tragen käme, könne man noch nichts sagen. Am 28. Januar 2003 wurden und die Räume in der Daltropstraße schließlich gekündigt. Die Stadt Gütersloh hielt jedoch ihr Versprechen und bot uns Beratungsräume in der Schulstraße 22 an. Am 25. Juli 2003 zog der Verein, nach einer umfangreichen Renovierung, in die Schulstraße und befand sich mit der Beratungsstelle „Wendepunkt“ auf einer Etage.
Durchatmen und weitermachen
Allen schweren Zeiten zum Trotz rappelten wir uns immer wieder auf. 2005 planten wir also unser Fest zum 10-jährigen Bestehen. Am 04. Juni 2005 trat für uns eine A-Capella Gruppe, „Femal Affairs“, auf und Patrick Weh Weiland zeigte eine Performance. Wir konnten hierfür die Aula des Städtischen Gymnasiums kostenfrei nutzen. Am 17. Juni 2005 fand auch noch eine Party mit Livemusik im Parkbad statt. Dort spielten Monikas Mann Ulli mit seiner Band „Crossroad“ und Ankes Mann Achim mit seiner Trommelgruppe. Natürlich auch kostenlos.
Das große Zittern: Kommt es zur Schließung des Vereins?
Ende 2005 beschlossen die Vereinsfrauen eine weitere Überarbeitung der Ausstellung, um sie am 08. März 2006 in Herzebrock-Möhler in Kooperation mit der dortigen Gleichstellungsbeauftragten im Mai zu zeigen. Trotz allem Herzblut, das wir in den Verein investierten, wurde in einer Vereinssitzung erstmals ernsthaft eine Vereinsschließung zum Ende 2007 in Erwägung gezogen. Die finanziellen Mittel reichten nicht mehr und der Verein befand sich im Minus. Das Jahr wurde zu einer Zitterpartie, aber im Mai zeichnete sich ein Lichtpunkt ab: Renate Berkenkamp führte ein informelles Gespräch mit dem Vorstand der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH). Dieser war daran interessiert, dem Verein in den neuen Geschäftsräumen, die in Gütersloh gesucht wurden, eine Bleibe zu geben. Im Juni 2008 zieht der Verein wieder um. Dieses Mal in die Geschäftsräume der JUH in Gütersloh, Berliner Straße 194. Es wurde ein Kooperationsvertrag geschlossen. Die JUH unterstützte den Verein finanziell mit ca. 10.000 € im Jahr, der Verein bemühte sich seinerseits um Gelder, um nicht von der JUH abhängig zu sein. Doch die Sicherheit war nicht von Dauer. Im Februar 2010 wechselte der Regionalvorstand bei der JUH und der neue Vorstand sah sich nicht an die Vereinbarungen gebunden, so kündigte die JUH zum 31. Dezember 2012 den Vertrag.
Wieder wurde die Schließung des Vereins diskutiert, die Mehrheit beschloss jedoch, weiter zu machen. Doch machte sich Resignation unter ihnen breit. Eine große Spende rettet das Jahr und Katherina setzt sich mit anderen Vereinsfrauen noch einmal für eine Bezuschussung durch das Land NRW und den Kreis Gütersloh ein. Das Land lehnte wie immer mit der Begründung ab, den Frauenhaus-Verein mit der Beratungsstelle zu unterstützen. Der Kreisdirektor jedoch lud die Vereinsfrauen zu einem Gespräch ein – ein Lichtblick!
Es geht bergauf! Trotz Allem wird fester Bestandteil der Gütersloher Beratungslandschaft
Im ersten Quartal 2012 dann die Nachricht, dass der Kreis eine Personalstelle finanzieren würde, vorläufig bis 2014! Ein nie da gewesenes Glücksgefühl bestimmte das Vereinsleben! Die Stelle wurde öffentlich ausgeschrieben. Mitte Juni wurden die Bewerbungen gesichtet und für Anfang Juli zu Bewerbungsgesprächen eingeladen. Am Ende des Bewerbungsmarathons fiel die Wahl einstimmig auf Nadine Thiel. Sie begann ihre Arbeit am 01. August 2012. Endlich konnten wir die Beratungsstelle an vier Tagen in der Woche für einige Stunden besetzen und neuen Schwung in den Verein bringen.
Wieder konnten wir unsere Ausstellung zeigen. In Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirche, in Vertretung von Pastor Walczak-Detert, bauten wir die Ausstellung in der Martin Luther Kirche im Stadtzentrum Gütersloh auf. Parallel dazu fanden wir „unsere“ Beratungsräume in der Königstraße 13 in Gütersloh. Durch eine entsprechend intensive Öffentlichkeitsarbeit, kamen auch wieder größere Spendenbeträge rein und die Vereinsfrauen entspannten sich: Es ging weiter!
Gekommen, um zu bleiben!
Am 13. Dezember 2012 zogen wir in unsere neuen Beratungsräume in der Königstraße 13, in denen wir noch immer zu finden sind. Dies waren die ersten Räume, die wir unabhängig auf dem freien Immobilienmarkt fanden und mieteten. Dies alles wurde möglich durch eine Spenderin, die uns seitdem bei der Miete großzügig unterstützt. Trotz allem suchten wir nach einer Untermieterin für den zweiten ungenutzten Raum. Die Erste (Heilpraktikerin für Psychotherapie) sprang 2013, wegen eines Schimmelproblems an der Außenwand, ab. Nachdem dieser vom Vermieter saniert und beseitigt wurde, konnten wir zum Herbst 2014 den Raum an eine Filzerin vermieten, die dem Verein schon lange verbunden war und auf diesem Weg auch gleich Vereinsfrau wurde. Leider kündigte sie zwei Jahre später die Räumlichkeiten wieder, doch der Verein hatte Glück und fand kurz darauf beim Selbsthilfetag der BIGS eine adäquate Mieterin. Frau Wittreck übernahm Ende 2016 den Raum, um ihre Selbstständigkeit im Bereich der Psychosozialen Prozessbegleitung und Systemischen Einzel-, Paar- und Familienberatung auszubauen.
Dem Einzug in die neue Beratungsstelle 2013 folgte eine Einweihungsfeier, die am 08. März zum Weltfrauentag stattfand. Es waren viele Freunde und Kollegen des Vereins anwesend, unter anderem auch unsere damalige Bürgermeisterin Maria Unger.
Im Jahre 2013 wurde erstmals die Statistik der Beratungen von 2012 an den Kreis Gütersloh weitergeleitet und auch in den Jahresberichten öffentlich gemacht. Diese wurden anfänglich noch in Gesprächen mit den zuständigen Personen des Kreises GT kritisch diskutiert, zeigten in den folgenden Jahren aber einen Anstieg, der die Annahme des Beratungsangebotes unterstrich. Seit 2013 sind die Beratungszahlen auch für den Kreis Gütersloh sehr zufriedenstellen und die Arbeit von Trotz Allem aus Gütersloh nicht mehr wegzudenken.
Neue Mitgliedschaften durch Förderungen
Im Sommer des Jahres änderten wir die Satzung des Vereins. Die Frauen einigten sich darauf, auch männliche Fördermitglieder aufzunehmen. Fördermitglieder sind nicht stimmberechtigt, erhalten jedoch Infos rund um die Beratungsstelle und spenden mindestens 10 Euro im Monat. Seit dieser Änderung ist es dem Verein besser möglich, finanziell gesehen zu planen, da die Gelder der Fördermitglieder sicher jeden Monat rein kommen.
Im Sommer 2013 hat Trotz Allem auch die erste Praktikantin. Bei der Arbeit in der Beratungsstelle zeigte es sich jedoch als schwierig, bis hin zu unmöglich, einer Praktikantin Einblick in die Beratung zu geben. Fast alle Klientinnen duldeten die Anwesenheit einer dritten Person bei Gesprächen nicht. Somit setzte Nadine die Praktikantin für Bürotätigkeiten und spezifische Projektarbeiten ein.
Im Herbst 2013 nahm Trotz Allem an der Demo „Freiheit statt Angst“ in Berlin teil. Es wurde gegen Vorratsdatenspeicherung und für ein freies Internet demonstriert. Die Beratungsstelle wurde sogar mit einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung erwähnt.
Zum Anfang des Jahres 2014 wurde endlich die Webseite professionell gestaltet. Seitdem werden News von Facebook und Twitter direkt auf der Homepage dargestellt. Ebenfalls gibt es seitdem einen Blog, wo Betroffene ihre Geschichten veröffentlichen können. Der Verein kaufte sich einen neuen Computer, der bis zum heutigen Tag einwandfrei läuft. Die Beratungsstelle wurde ebenfalls professionalisiert. Es wurden neue Flyer und Briefpapier sowie Umschläge und Post-Its gedruckt. An den Fenstern wurde Klebefolie angebracht, sodass die Beratungsstelle auch beim Laufpublikum besser wahrgenommen werden konnte. Es folgten einige Presseartikel, die den Verein im Gütersloher Umfeld bekannter machten, wie auch Events, an denen die Frauen teilnahmen, wie zum Beispiel der jährliche Tag der Vereine.
Die Selbsthilfegruppe
Die bestehende Selbsthilfegruppe wird zur angeleiteten Gruppe. Monika übernahm dies zunächst, im Jahre 2015 ersetzte Nadine sie in dieser Funktion.
Dem ging jedoch wieder einmal das Bangen voraus, denn die Förderung des Kreises GT lief zum Ende des Jahres 2014 aus und es war ein neuer Antrag fällig. Das Zittern um eine positive Zukunft ging wieder los, obwohl bis dato alles bergauf ging für die Beratungsstelle. Mit der erstmaligen Teilnahme am Gütersloher Weihnachtsmarkt, wo in der Vereinshütte an einem Tag Kuchen, Kaffee und Gebasteltes der Klientinnen verkauft wurde, beendeten wir das Jahr 2014 zufrieden aber mit einer Ungewissheit bezüglich des Personalkostenzuschusses und der weiteren Zukunft des Vereins.
Im Frühjahr 2015 dann die gute Nachricht: Trotz Allem erhält die Förderung bis einschließlich 2018. Die Freude war groß und wir fühlten uns mit neuer Tatkraft beflügelt. In diesem Jahr begann der Verein mit der Postkartenkampagne. Spendern und potenziellen Spendern werden seitdem mehrmals im Jahr Postkarten mit Motiven und Sprüchen zum Thema Feminismus/Frauenrechte/sexualisierte Gewalt geschickt, um auf den Verein aufmerksam zu machen. Die Postkarten kommen gut an und bringen immer wieder Spenden mit sich.
Die Vereinsfrau Isabell nahm öffentlich Stellung zu dem Gütersloher „Tütenbaby“ und erhielt von vielen Seiten großes Lob dafür.
20 Jahre Trotz Allem e.V.
Wahnsinn! Im Jahr 2015 feierte der Verein sein 20-jähriges Bestehen und die Erstellung einer Chronik wurde angestoßen. Am 19. Juni feierten wir im „a taska“ mit Essen und Live-Musik. Es war wieder einmal Ullis Band, die uns den Abend mit tollen Klängen versüßte. Am 28. Oktober folgt im Zuge des 20-jährigen Bestehens ein Vortrag zur Traumatherapie. In einer vollen Beratungsstelle referierte die Vereinsfrau und Psychologische Psychotherapeutin Simone rund um das Thema. Alle waren begeistert. Am 10. November wurde ein Mädchenabend im Bambi-Kino organisiert. Die Frauen von Trotz Allem begrüßten im Foyer alle Gäste mit einem Gläschen Sekt. Es wurde der Film „Monsieur Claude und seine Töchter“ gezeigt. Dieses Jahr wird allen Vereinsfrauen gut in Erinnerung bleiben. Es waren tolle Jubiläumsfeiern und die große Freude über die Bewilligung des Antrags um den Personalkostenzuschuss ließ alle positiv in die Zukunft schauen.
Die schwere Suche nach aktiven Vereinsfrauen
Dadurch, dass viele Vereinsfrauen derzeit beruflich sehr eingespannt sind, gibt es immer weniger aktive Vereinsfrauen. Trotz allem schafften wir es immer irgendwie an vielen öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Selbsthilfetag der BIGS und der Vernetzungsarbeitskreis sind nur zwei Beispiele für das große Engagement der Vereinsfrauen. Jede bringt sich mit der Zeit ein, die sie erübrigen kann – von zuhause oder aktiv auf Veranstaltungen. Das monatliche Vereinstreffen steht aber bei allen fest im Kalender und wird meist sehr gut besucht.
In den vergangenen 20 Jahren haben wir immer regelmäßige Konzeptionstage abgehalten, um die Vereinskultur weiter zu entwickeln. Den beratenden Frauen wurde immer versucht, regelmäßige Supervision und Fortbildungen zu ermöglichen. In den wirklich schwarzen Stunden des Vereins kam doch immer wieder ein Lichtblick her, gemäß unseres Beratungsgrundsatzes „am Ende des Tunnels kommt das Licht“.
Bei den Vereinsfrauen gab es immer ein Kommen und Gehen. Zum heutigen Zeitpunkt haben wir neun aktive Vereinsfrauen. Von den Gründungsfrauen sind Monika und Christa noch aktiv im Verein und Katherina bringt sich aus der Ferne in die E-Mail-Diskussionen ein.
Angelika war eine kurze Zeit unsere Beratungsfrau und leistete viel für uns an Öffentlichkeitsarbeit. Gudrun, Simone, Angelika, Eva, Magdalena, Kerstin, Renate und Nina haben in den vergangenen Jahren die Beratungsarbeit geleitet, meistens ehrenamtlich oder bei schlechter Bezahlung. Auch die inzwischen ausgetretenen Vereinsfrauen haben den Verein maßgeblich unterstützt, sodass es der steten Zusammenarbeit aller Frauen zu verdanken ist, dass es den Verein heute noch gibt.
In den vergangenen 20 Jahren erlebte der Verein Höhen und Tiefen. Trotz allem hat sich der Verein eine Kultur erhalten. Wir haben alle Jubiläen gefeiert und immer an einem gemeinsamen Weihnachtsessen festgehalten. In diesen zwei Jahrzehnten haben wir mehrere Konzepttage abgehalten, um uns weiter zu entwickeln und darüber auch neue Kraft zu tanken für unsere Vision unserer Beratungsarbeit. Es ist uns gelungen, zu überleben, für einige von uns im doppelten Sinn! Der Kreis Gütersloh trägt in einem hohen Maße Anteil daran, dass die Beratungsstelle und der Verein noch bestehen. Die Politik hat endlich erkannt wie wichtig „Trotz Allem“ für die Beratungslandschaft im Kreis Gütersloh ist und wir freuen uns auf die nächsten 20 Jahre – gerne mit weniger Kämpfen.